9-Kräuter-Suppe
„Aus neun Kräutern sollst du im Frühling eine Suppe kochen!“ So oder so ähnlich steht es in vielen alten Kräuterbüchern geschrieben. Und der Verzehr von frischem Grün im zeitigen Frühjahr galt schon immer als Gesundheit bringend, die ersten wilden Kräuter als besonders heilkräftig. Die Sehnsucht nach frischem Grün, und sei es „nur“ für die Augen, nach dem Winter ist tief in uns verwurzelt.
Grün ist auch die Farbe der Hoffnung und kündigt nach einem langen, strengen Winter die Fülle der warmen Jahreszeit an. Gerade früher war die Ernährung im Winter karg und eintönig. Frische Vitamine, wie wir sie heute rund um die Uhr im Supermarkt bekommen, waren die Ausnahme.
Wilde Zutaten für deine 9-Kräuter-Suppe
Um Mängel nach dem Winter in Schach zu halten und den Körper mit Vitaminen und Mineralien zu versorgen, war es seit jeher den Menschen im Frühling besonders wichtig die ersten durch's Laub blitzenden Wildkräuter zu verzehren.
Was sich in manchen Traditionen noch heute niederschlägt. Wie zum Gründonnerstag. Der Brauch, Grünes am Gründonnerstag zu verzehren, ist eine uralte, vom Christentum übernommene Tradition, bei der Wildkräuter gesammelt und in Form der 9-Kräuter-Suppe verzehrt wurden.
„Unkraut“ = Superfood
Lange als Unkraut verschrien, weiß man heute, dass gerade wilde Pflanzen ein regelrechtes Superfood sind. Und darüber hinaus wachsen sie kostenlos, regional und saisonal vor unserer Haustüre. Antioxidantien, Vitamine, Bitterstoffe und vieles mehr sind in den wilden grünen Kraftpaketen enthalten.
Wilde Geschmacksknospen
Wildkräuter überzeugen aber nicht nur durch ihre hohen Vitamin- und Mineralstoffgehalte, sondern auch durch ihren Geschmack. Giersch etwa, ein besonders unbeliebtes Beikraut in Gärten, schmeckt nach einer Mischung aus Karotte und Petersilie. Vogelmiere hingegen erinnert geschmacklich an Mais und Erbsen. Welche Wildkräuter in die Suppe kommen, ist dem persönlichen Gusto überlassen. Auch früher variierte die Zusammensetzung der Suppe von Region zu Region. Doch sollten es neun verschiedene Wildkräuter sein wie z.B. Bärlauch, Vogelmiere, Brennnessel, Gundelrebe, Spitzwegerich, Gänseblümchen, Knoblauchrauke, Giersch und Löwenzahn.
First things first!
Achte bitte beim Sammeln drauf, nur Pflanzen zu ernten die du auch sicher erkennst und nimm nie alles an einem Standort! Wildpflanzen sind eine wichtige Futterquelle für Wildtiere, weshalb an einem Standort nie alles abgeerntet werden darf!
Bärlauch und Knoblauchrauke in die Suppe!
Bärlauch zählt zum ersten frischen, kraftvollen Grün des Jahres und dank seines knoblauchartigen Geschmacks zu den beliebtesten und bekanntesten Wildkräutern. Lecker nach Knoblauch schmecken kann aber auch noch eine andere wild wachsende Pflanze.
Bärenkräfte
Bärlauch soll uns „Bärenkräfte“ verleihen und hat unsere Küchen und Herzen daher nicht nur wegen seines hervorragenden Geschmacks, sondern auch aufgrund seiner gesundheitsfördernden Wirkungen erobert.
Bereits Kräuterpfarrer Künzle betonte: „Wohl kein Kraut der Erde ist so wirksam zur Reinigung von Magen, Gedärmen und Blut wie der Bärlauch.“ Bärlauch enthält viele Vitamine und Mineralien, schwefelaktive Substanzen, Senföle und ätherische Öle. Mehr zu Bärlauch, seinen Einsatz in der Naturheilkunde, seinen Erkennungsmerkmalen und viele Rezepte findest du bei „Alles über Bärlauch“ im Journal.
Hi Knoblauchrauke!
Die Knoblauchrauke gehört zur Familie der Kreuzblütler. Sie ist damit eine nahe Verwandte von Kresse, Kren, Rucola und Senf. Was man schmeckt. Die ganze Pflanze und vor allem die nieren-herzförmigen Blätter, die man gerne in der Küche nutzt, haben ein feines kresseartiges Aroma. Weiters enthält Knoblauchrauke aber auch Senföle, die wir auch im Bärlauch und Knoblauch finden und ihr das typische Knoblaucharoma verleihen. Dazu kommt dank enthaltener Bitterstoffe eine feine Bitternote.
Vogelmiere
Die Vogelmiere gehört eindeutig zu den unscheinbaren Pflanzen unserer Flora. Dabei ist auch sie ein wahres heimisches Superfood. Vogelmiere enthält 2x soviel Calcium, 3x so viel Kalium und Magnesium und 7x so viel Eisen wie Kopfsalat. Eine gute Handvoll frische Vogelmiere kann den Tagesbedarf an Vitamin C decken.
Alle Teile sind essbar.
Da die Vogelmiere sehr zart und fein wächst, kann man bei flächenartigem Auftreten Einzelpflanzen kaum erkennen. Auch der Versuch, einzelne Blätter zu ernten, gestaltet sich als sehr mühsam. Deshalb werden beim Sammeln einfach ganze Büschel abgeschnitten. Das Tolle ist von der Vogelmiere können alle Teile gegessen werden: Blätter, Stängel und Blüten. Ein wichtiges Erkennungsmerkmal: Der Stängel der Vogelmiere ist einreihig behaart. Ein umfangreiches Pflanzenporträt und Rezepte findest du hier.
Zeigerpflanze
Als lästiges „Unkraut“ gilt sie, weil sie mehrere Generationen pro Jahr ausbildet und offene und nährstoffreiche Böden, wie sie in Gärten und am Acker zu finden sind, rasch besiedelt. Schlecht für alle, die einen englischen Rasen im Garten wollen, gut für diejenigen, die sich das ganze Jahr über Vogelmieren-Nachschub freuen. Übrigens: als Zeigerpflanze sagt uns die Vogelmiere dass der Boden sehr fruchtbar ist.
Ernte
Bei flächenartigem Auftreten ist es kaum möglich Einzelpflanzen zu erkennen. Geerntet wird daher das ganze Kraut (Stängel, Blüten, Fruchtkapseln) in Büscheln. Alle Teile sind nutzbar. Grundsätzlich kann die Vogelmiere das ganze Jahr über gesammelt werden. Bloß wenn es heiß wird im Sommer, verschwindet sie. Im Herbst taucht sie wieder auf und wenn sich der Winter mild gestaltet, können wir sie die ganze kalte Jahreszeit hindurch ernten. Grundsätzlich kann die Vogelmiere das ganze Jahr blühen und reifen. Das macht die Trocknung etwas überflüssig.
Alles über Kräuter, richtiges Bestimmen, Erkennen, Sammeln und Verarbeiten findest du auch im Vitamin wild — Kräuterkunde Onlinekurs.
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Brennnessel
Die Brennnessel schmeckt ein bisschen „umami“ und ist eine Lieblingspflanze der wilden Küche. Heute wissen wir längst um ihre vielfältigen Qualitäten und verzeihen ihr unschöne Kindheitserinnerungen. Ein Rätselspruch weist auf ihre hautreizende Wirkung hin: „Was brennt ums ganze Haus und das Haus verbrennt doch nicht?“ Und er verrät noch eines, nämlich, dass die Brennnessel gerne in Menschennähe wächst. Praktisch, denn so kann sie von Frühjahr bis Herbst immer frisch geerntet werden.
Nährstofflieferantin
Sie punktet mit fünf Mal mehr Vitamin C als Zitronen. Vitamin A, Magnesium Kieselsäure, Chlorophyll und eine gute Portion Eisen machen sie außerdem zum „besseren“ Spinat. Hätte doch Popeye das damals schon gewusst! Mit der Brennnessel haben wir aber nicht nur ein wunderbares Wildgemüse, sondern auch eine der ältesten Heilpflanzen vor der Haustüre.
Brennt die Brennnnessel wenn man sie isst?
Nein, keine Sorge! Vor der Brennwirkung muss man sich beim Verzehr nicht fürchten, denn die geht bei der Verarbeitung verloren. In der Küche kann Brennnessel wie Spinat zubereitet werden, auch Brennnessel-Pesto schmeckt genial und sorgt für Abwechslung auf der Pasta. Für die Küche kann man im Frühling die ganzen, noch zarten und kleinen Triebe nehmen. Später im Jahr verholzt die Brennnessel von unten recht gerne, weshalb man nur die oberen 15cm bzw. die oberen jungen Blätter nimmt.
Wer Brennnessel im Garten hat und das Wachstum etwas eindämmen möchte, greift am besten öfter mal nach ihr. Vorsichtshalber und der bösen Kindheitserinnerungen wegen lieber mit Handschuhen! Einen Teil sollte man aber immer stehen lassen, denn für viele Schmetterlingsraupen wie dem Distelfalter sind Brennnesseln eine essentielle Futterquelle und tragen damit zum Erhalt der Artenvielfalt bei.
Giersch
Giersch ist für viele DAS lästigste „Unkraut“ im Garten. Hat er sich mal ausgebreitet, kommt man fast nicht gegen ihn an. Bereits kleine Wurzelstückchen reichen aus und der Giersch treibt von Neuem aus. Eine Kräuterspaziergangsteilnehmerin gab der Gruppe mal augenzwinkernd den Tipp, dass nur eine Sache gegen den Giersch im Garten helfe, nämlich: „Ein Haus drauf bauen.“
Ernten statt jäten!
Der Giersch ist eine hervorragende Bereicherung in der wilden Küche. Als Vertreter der selben Pflanzenfamilie wie Karotte und Petersilie (den Doldenblütlern) schmeckt er wie eine Mischung aus beiden – ist also richtig lecker und kann in großen Mengen zu Suppe, Spinat und Pesto verarbeitet oder als Petersilien-Ersatz verwendet werden. Er enthält hohe Mengen an Mineralien und Vitaminen.
Giftige Verwandtschaft!
In der Familie der Doldenblütler finden wir einige sehr giftige Vertreter wie den Gefleckten Schierling und die Hunds-Petersilie. Der Schierlingsbecher galt lange Zeit als Hinrichtungsmittel. Da sich Doldenblütler im Blütenstand sehr stark ähneln, gelten hier die Blätter als wichtiges Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmal. Bitte sammle den Giersch nur, wenn du ihn 100% bestimmen kannst.
Naturheilkunde
Früher wurde Giersch nicht nur als schmackhaftes Wildgemüse, sondern auch gegen Gicht eingesetzt. Was sein botanischer Name verrät: Aegopodium podagraria – lat. podagraria bedeutet „die Gicht heilend“. In der Volksmedizin gilt er als wirksames Mittel, um Harnsäure und allgemein Säure aus dem Körper zu spülen.
Gänseblümchen und Löwenzahn
Die beiden gehören im Frühling irgendwie zusammen. Sie zählen zu den ersten Blüten des Jahres und sind sogenannte Wetterzeiger. Die Blüten verraten uns ob wir zur Sammeltour einen Schirm einpacken müssen. Geschlossene Blüten kündigen schlechtes Wetter und Regen an. Die geöffnete Blüte verspricht Sonnenschein.
Gänseblümchen
„Klein aber oho!” Man möchte es ja fast nicht glauben, aber in dem zarten Blümchen stecken viele wertvolle Inhaltsstoffe, wie z.B. hohe Mengen Vitamin C. Wie gut, dass man es das ganze Jahr über, sogar im Winter, direkt von der Wiese snacken kann. Auch hübsch: Gänseblümchen als essbare Dekoration auf Salat, Suppe oder am Brot. In der Naturheilkunde kommen Gänseblümchen Blüten bei banalen Erkältungen und Husten zum Einsatz.
Löwenzahn
„Was bitter dem Mund, ist dem Magen gesund.“ Dieses alte Sprichwort beweist, dass die verdauungsfördernde Wirkung der Bitterstoffe keine neue Erfindung ist. Heute weiß man, dass die bitteren, sekundären Pflanzeninhaltsstoffe das gesamte Verdauungssystem anregen könne und somit für eine gute Verdauung sorgen. Aus diesem Grund stellt der Löwenzahn eine tolle Bereicherung in der wilden Küche als Wildgemüse dar. Dazu werden die Blätter klein geschnitten und in der einfachsten Variante unter einen günen Salat gemischt.
Apropos Salat: Löwenzahn Blätter enthalten 5x Mal so viel Eiweiß, 8x Mal so viel Vitamin C und 2x Mal so viel Kalium, Magnesium und Phosphor wie Kopfsalat. In der Naturheilkunde wird Löwenzahn als Tee, Tinktur und Oxymel bei Verdauungsbeschwerden und Völlegefühl und aufgrund seiner harntreibenden Wirkung auch bei Blasenproblemen eingesetzt. Vor allem dem letzteren Einsatzgebiet hat er wohl etwas derbe volkskundliche Namen wie „Pissblume“ und „Brunzer“ zu verdanken.
Spitzwegerich
Der Spitzwegerich, der, wie sein Name verrät, gerne am Wegrand wächst, ist eine der ältesten und am längsten gebrauchten Heilpflanzen. Eine Schönheit ist er vielleicht nicht gerade mit seinen braunen, unscheinbaren Blüten, doch der einzigartige Mix an wirksamen Inhaltsstoffen macht das alles wett.
Naturheilkunde
Reizlindernde Schleimstoffe, auswurffördernde Saponine, schleimhautstärkende Gerbstoffe, entzündungshemmendes Aucubin und eine ordentliche Prise Vitamin C machen den Spitzwegerich in der Naturheilkunde zu einer der wichtigsten Heilpflanzen bei Erkältungskrankheiten. Vor allem gegen Husten wird aus den Blättern seit jeher Spitzwegerichsirup hergestellt.
Pilzaroma
Aber natürlich ist Spitzwegerich auch in der Wildkräuter Küche eine willkommene Bereicherung und sorgt für Überraschungen – die Blätter schmecken gekocht in der Suppe champignonartig und etwas nach Pilzen.
Gundelrebe
Die Gundelrebe kriecht mit langen Ausläufern das ganze Jahr bodennahe dahin und steht erst während der Blüte, ab April, aufrecht da. Sie wird auch als „Erdefeu“ bezeichnet.
Typisch Lippenblütler!
Für die Küche besonders interessant ist der einzigartige Geschmack der Gundelrebe. Als Lippenblütler und damit nahe Verwandte von bekannten Küchenkräutern wie Rosmarin und Thymian lässt sich ihr Geschmack als herb thymian-minz-aromatisch bezeichnen. Sie eignet sich daher perfekt zum Würzen und Aromatisieren von Suppen, Getränken („Wiesendudler“), für Kräutersalz und „Wiesen-Aftereight“.
Naturheilkunde
Verwenden kann man von der Gundelrebe alles – die nieren-herzförmigen Blätter und die hübschen blau-violetten Blüten. Sie bevorzugt feuchte, kühle und nährstoffreiche Böden. Ihr Gehalt an Bitterstoffen, Vitamin C und ätherischen Ölen macht sie zu einer geschätzten Heilpflanze in der Naturheilkunde.
Ein Porträt über eine meiner liebsten Wildpflanzen und spannende Rezepte mit Gundelreben findest du im Artikel über das Jahreskreisfest Beltane.
Rezept für die 9-Kräuter-Suppe
Zutaten
5 Händevoll Wildkräuter (einzeln oder gemischt)
1 Zwiebel
2 Kartoffeln
750 ml Wasser oder Gemüsebrühe
50 ml Hafersahne oder Obers
Etwas Öl
Salz, Pfeffer, eine Prise geriebene Muskatnuss
Essbare Blüten zur Dekoration wie Gänseblümchen, Löwenzahnblüten, Veilchen, Taubnessel, Ehrenpreis, …
Zubereitung
Die Zwiebel klein schneiden und in Öl glasig dünsten. Kartoffeln schälen, würfelig schneiden und kurz mit braten. Das Ganze mit Wasser oder Brühe aufgießen, salzen und etwa zehn Minuten kochen lassen, bis die Kartoffeln weich sind. Die Wildkräuter grob schneiden und einige Minuten mitkochen lassen. Hafersahne oder Obers dazugießen und nach Belieben mit Pfeffer und Muskatnuss würzen. Danach das Ganze gut pürieren und vorm Servieren mit Blüten dekorieren.
Viel Freude mit dem Rezept und Mahlzeit!
Fotos:
Daniel Hobelsberger
Quellen:
Gesunde Wildkräuter aus meinem Garten, G. Holzmann
Praxis Lehrbuch Heilpflanzenkunde, U. Bühring