— Pflanze des Monats: Spitzwegerich
MAI
Spitzwegerich ist eine lang geschätzte Heilpflanze der Naturheilkunde und wird völlig zu Unrecht als „Unkraut“ verteufelt. Seine Einsatzgebiete sind weitreichend und vielseitig, sein Aussehen ist recht einfach. Doch er krönt sich selbst mit einem Heiligenschein. Das Tollste an Spitzwegerich: Er ist so gut wie überall zu finden und leicht erkennbar.
Neben Spitzwegerich finden wir in der heimischen Flora seine nahen Verwandten: den Mittleren Wegerich (Plantago media) und den Breitwegerich (Plantago major). Sie unterscheiden sich in der Blattform und können ebenfalls verwendet werden. Traditionell für Auszüge in der Naturheilkunde wird allerdings Spitzwegerich genutzt.
Spitzwegerich ist der König der Wege! Das steckt bereits in seinem Namen. „Rich“ ist ein altes Wort für König und Herrscher. Und als König hat er sich von Europa ausgehend nahezu überall breit gemacht. Wie er das geschafft hat? Mithilfe seiner Inhaltsstoffe und unserer Füße.
Botanik & Erkennungsmerkmale
Botanischer Name
Plantago lanceolata
Familie Wegerichgewächse
Standort
Magere bis nährtsoffreiche Wiesen, Rasen, Wegrand
Die wichtigsten Merkmale
Blätter in dichter Grundrosette
Blätter schmal länglich mit 3-7 parallel laufenden (auf der Rückseite deutlich fühlbaren) Längsnerven
Bis zu 30cm lange Blätter verschmälern sich deutlich zum Grunde hin
Junge Blätter auf der Unterseite, teils behaart
Blütenstängel kantig gefurcht, blattlos, unverzweigt, pro Stängel eine Blüte
Blütenknospen dunkelgrün-schwarz
Kurze, kugelig bis spitzkegelige Blüte bräunlich mit langgestielten weißen Staubbeuteln (sieht aus wie ein Heiligenschein)
Hauptblütezeit von Mai bis September
Frucht ist eine eiförmige, bis 4mm lange, zweisamige Kapsel
Fein verästelte Wurzel
Mehrjährig
Verwechslungsgefahr
Spitzwegerich kann mit seinen nahen Verwandten dem ungiftigen und ebenfalls nutzbaren Breitwegerich und Mittleren Wegerich verwechselt werden. Seine charakteristischen Erkennungsmerkmale sind die fühlbaren Adern auf der Blattrückseite sowie die Blüte.
Inhaltsstoffe
Schleimstoffe, Gerbstoffe, Saponine, Bitterstoffe, Iridoide, Flavonoide, Kieselsäure, Zink, Kalium, Vitamine (C, B), Aucubin, …
Sammelzeit & verwendete Pflanzenteile
Traditionell – kulinarisch und in der Naturheilkunde – nutzt man die Blätter. Sie können ab April gesammelt werden. Bis Juni stehen sie schön im Saft. Daher gilt dies als die beste Sammelzeit um aus den Blättern Auszüge wie z.B. Hustensaft zu machen.
Die Blütenknospen erscheinen ab Mai.
Die Blüten und Samen kurz darauf. Du kannst sie den ganzen Sommer bis Oktober hinein sammeln. Da neben den Blättern auch die Samen Schleimstoffe enthalten, quellen sie schleimig auf sobald sie nass werden. Mit diesem Pflanzenschleim bleiben die Samen der Wegerich Arten an Tieren, Kleidung, Schuhen etc. kleben und werden so verbreitet. Eine durchaus ausgeklügelte Vermehrungsstrategie! Von Europa aus wurde Spitzwegerich früher mit den von Schleim ummantelten Samen in Kolonien eingeschleppt. Er ist daher heute fast überall auf der Welt anzutreffen.
Für die Küche kannst du die Blätter durchgehend bis in den Herbst ernten. Sie werden mit bzw. nach der Blüte allerdings etwas faseriger und herber.
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Collect & enjoy:
Spitzwegerich in der Küche
Was mich selbst nach vielen Jahren experimentieren in der Wildkräuter Küche immer wieder überrascht, sind die vielfältigen und spannenden Aromen. Und wenn ich es nicht selbst probiert hätte, ich würde es nicht glauben. Spitzwegerich schmeckt nach Pilzen. Das musst du einfach probieren!
Crunchy Spitzwegerich Knospen
Zutaten
eine Handvoll Spitzwegerich Knospen
etwas Öl
Zubereitung
Knospen in einer Pfanne mit Öl anbraten bzw. frittieren. Schmeckt wunderbar als Topping auf Salaten, Suppen, Broten oder einfach so als Snack mit nussig-champignonartigen Touch. Oder du ergänzt die nächste Pilzpfanne bzw. das Pilzrisotto mit den knusprigen Knospen.
Du kannst die Knospen natürlich auch frisch von der Wiese snacken oder als falsche Kapern einlegen. Ein Grundrezept dafür findest du beim Bärlauch.
Weitere Küchentipps
Auch die Blätter erinnern geschmacklich wenn sie gekocht werden an Pilze. Probier doch einfach mal eine Spitzwegerich Suppe. Hallo Schwammerlsuppe – du wirst überrascht sein. Früher war Spitzwegerich auch ein fester Bestandteil der 9-Kräutersuppe.
Natürlich passen die Blätter (am besten die jungen Blätter vor der Blüte April bis Mai/Juni) kleingeschnitten auch roh in Salate, Smoothies oder Aufstriche. Im rohen Zustand würde ich den Geschmack als salatartig, herb und grasig bezeichnen. Werden die Blätter älter, sind sie zum rohen Verzehr nicht mehr so gut geeignet. Du kannst sie aber weiterhin bis in den Herbst hinein gekocht als Gemüse, Spinat, für Strudelfüllungen etc. verwenden.
Die Spitzwegerich Samen schmecken nussig. Du kannst sie ab Spätsommer bzw. im Herbst einfach abzupfen und direkt essen oder zur Bevorratung ca. eine Woche an der Luft trocknen lassen. Beim Sammeln solltest du auf trockenes Wetter warten. Du weißt schon … wegen der Schleimstoffe.
Healthy Herbarium:
Der Spitzwegerich in der Naturheilkunde
Der Mix an Inhaltsstoffen macht’s möglich: Erkältungen und Husten zählen zu seinen wichtigsten Einsatzgebieten. Doch neben dem Klassiker, dem Spitzwegerich Hustensaft, kennen ihn viele auch als Wiesenpflaster. Und früher legte man sich bei langen Märschen die Blätter, die den Wegrand säumen, in die Schuhe. Volkstümliche Namen wie Wegtritt und Sohlenkraut deuten darauf hin.
Husten und Erkältungen
Spitzwegerich enthält Schleimstoffe, welche sich wie ein Schutzfilm auf gereizte Schleimhäute legen und so Hustenreiz, Halskratzen und Heiserkeit lindern können. Gerbstoffe stärken und schützen die Schleimhäute, können Krankheitserreger im Wachstum hemmen und wundheilend wirken. Saponine können bei Husten auswurffördernd und schleimlösend wirken. Das vor allem in den frischen Blättern enthaltene Aucubin – Spitzwegerich produziert den Stoff zum Schutz vor Fraßfeinden – soll entzündungshemmend und ebenfalls keimhemmend (antibakteriell) wirken können. Vitamin C hilft den Abwehrkräften – vorbeugend aber auch während einer Erkältung.
Zur Anwendung kommen Spitzwegerich Tee (Kaltauszug), Tinktur, Oxymel oder Schichtsirup. Ich bevorzuge als Hustensirup die Oxymel Variante. Sie enthält keinen raffinierten weißen Zucker.
Auch das Gurgeln mit Spitzwegerich kann bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum lindernd wirken.
Nicht nur die Spitzwegerich Blätter auch die Samen enthalten Schleimstoffe. Der Samenbrei wird traditionell zur Anregung der Verdauung und bei Verstopfung angewendet. Und die Spreu gilt als heimischer Flohsamenschalen Ersatz. Die Variante aus dem Supermarkt stammt von indischen Wegerich Arten.
Tipp!
Du kannst Spitzwegerich Blätter trocknen, solltest dabei aber besonders schnell vorgehen. Weshalb sich hier ausnahmsweise die Trocknung im Dörrgerät bei niedriger Temperatur besser eignet. Die Blätter färben sich bei der Lufttrocknung schnell schwarz und sollten dann eher nicht verwendet werden.
Zusätzlich soll Aucubin eher im frischen Zustand wirksam sein. Weshalb ich persönlich Auszüge (Tinktur, Oxymel, Essig, Honig) aus den frischen Blättern bevorzuge.
Insektenstiche
Spitzwegerich enthält eine Vielzahl an wertvollen Pflanzeninhaltsstoffen wie Schleimstoffe und Aucubin welche auf die Haut eine juckreiz- und schmerzlindernde, beruhigende, abschwellende und leicht kühlende Wirkung haben können. Perfekt also für fiese Mückenstiche. Aber auch wenn dich eine Brennnessel erwischt hat.
Dazu kann man ein frisches Blatt Spitzwegerich verwenden, zwischen den Fingern zerknüllen, bis etwas Pflanzensaft austritt und dann auf den Stich auflegen. Juckreiz, Schwellung und Rötung gehen zurück und lindern den Stich. Spitzwegerich hat zusätzlich desinfizierende und entzündungshemmende Eigenschaften und hilft so der Haut bei der „Heilung“.
Frisch als Blatt angewendet, bezeichnet man den Spitzwegerich auch als „Wiesenpflaster“. Nun hat man aber nicht immer frischen Spitzwegerich zur Hand. Abhilfe schafft daher das Spitzwegerich Mückenstich Roll-On, das überall mit hin genommen und bei Bedarf aufgetragen werden kann.
Bewährt haben sich alternativ zur alkoholischen Tinktur, welche beim Roll-On als Basis dient, Ölauszug und Salben mit Spitzwegerich. Seine Wirkstoffe sind allerdings besser wasser- und alkohollöslich als öllöslich.
Achtung!
Solltest du allergisch auf Spitzwegerich sein, solltest du ihn weder kulinarisch noch als Heilpflanze (innerlich und äußerlich) nutzen.
Spitzwegerich Mückenstich Roll-On
Zutaten Tinktur
Frische Spitzwegerich Blätter
40%iger Alkohol (Korn/Wodka)
Zubereitung Tinktur
Zuerst wird eine Spitzwegerich-Tinktur aus den Blättern hergestellt. Es handelt sich dabei um einen pflanzlichen Auszug in Alkohol, bei dem die reizlindernden und helfenden Wirkstoffe des Spitzwegerichs durch eine längere Ziehzeit in den Alkohol übergehen.
Dafür werden die Blätter kleingeschnitten und ein kleines Glas (eine Füllmenge von 50-100 ml ist ausreichend) etwa zur Hälfte damit befüllt. Dann wird das Glas mit dem Alkohol aufgegossen und verschlossen. Den Auszug lässt man vier Wochen bei Zimmertemperatur im Schatten ziehen und schüttelt immer wieder. Danach wird die Tinktur durch ein Sieb abgeseiht und in kleine Fläschchen umgefüllt.
Und keine Sorge, wenn sich deine Spitzwegerich dunkel bis schwarz färbt. Das ist ganz normal.
Zutaten Roll-On
5 ml Spitzwegerich Tinktur
5 ml natives Pflanzenöl
5-10 Tropfen naturreines ätherisches Öl (Pfefferminze, Lavendel fein, Teebaum)
Zubereitung Roll-On
Ein 10ml Roll-On Fläschchen wird zur Hälfte mit Spitzwegerich Tinktur befüllt und der Rest mit einem Pflanzenöl aufgegossen.
Ich verwende hier gerne natives Bio-Jojobaöl, es weist zusätzlich wundheilende und hautregenerierende sowie pflegende Eigenschaften auf. Auch ein Ölauszug (z. B. das wundheilende Ringelblumenöl) ist hier geeignet.
Abschließend kannst du naturreine ätherische Öle hinzufügen die zusätzlich lindernd wirken. Die Dosierung der ätherischen Öle ist hier etwas höher gewählt, da das Roll-On nur punktuell aufgebracht wird. Ich gebe gerne zwei Tropfen ätherisches Pfefferminzöl, das kühlend wirkt und den Juckreiz nimmt, zwei Tropfen ätherisches Lavendelöl fein als „Hautberuhiger“ und einen Tropfen ätherisches Teebaumöl. Letzteres wirkt desinfizierend und entzündungshemmend.
Tipp!
Nach dem Einfüllen von Tinktur und Öl kannst du deutlich sehen, dass sich die Phasen trennen. Vor Gebrauch sollte man das Mückenstich Roll-On daher immer gut schütteln. Die ätherischen Öle können auch weggelassen werden.
2 in 1: Die restliche Spitzwegerich-Tinktur kann in andere Naturkosmetik-Rezepte eingearbeitet oder als Hustentropfen verwendet werden. Bei Husten können 3x täglich 20 Tropfen Tinktur mit etwas Wasser verdünnt getrunken werden.
Bitte Achtung!
Die Rezeptur ist für Kinder ab dem 10. Lebensjahr geeignet.
Ätherisches Pfefferminzöl ist absolut nicht für Kinder unter 6 Jahren und in der Schwangerschaft geeignet! Für Kinder von 1 bis 6 Jahren würde ich nur Lavendel fein empfehlen. Auf das 10ml Fläschchen reichen 2-3 Tropfen.
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Fotos:
Daniel Hobelsberger
Quelle:
Wildpflanzen im Alltag (Kruut)